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Donnerstag, 16. Juni 2016

AKADEMISCHE VERBINDUNGEN IN DEUTSCHLAND

- Artikel im Aufbau -

Georg Mühlberg: Couleurdiener beim Speereinziehen

Akademische Verbindungen als Verbindungen von Hochschülern und Examinierten haben in der Öffentlichkeit einen variantenreichen Ruf.

Viele bezeichnen sie als Studentenverbindungen, was sie auch sind, aber nicht nur. Andere bezeichnen sie als Burschenschaften und setzen damit einen Teil für das Ganze.

Verbindungen in Deutschland und in um das Land herum liegenden Ländern folgen meist der deutschen Tradition. Diese folgen gewissen einheitlichen Regeln, genannt Prinzipien. Das heißt, sie haben relativ einheitliche Rahmenkategorien, aber gleichzeitig gibt es auch deutliche Unterschiede innerhalb dieser Kategorien.
Man unterscheidet z. B., ob eine Verbindung farbentragend ist oder nicht-farbentragend, schlagend ist oder nicht-schlagend, ob sie ein reiner Männerbund ist, ein gemischter Bund oder ein reiner Frauenbund. Traditionell waren Verbindungen aber Männerbünde.
Einigkeit besteht bei den meisten Verbindungen zum Komment-Prinzip und Lebensbund-Prinzip.


GESCHICHTE

Schon im Mittelalter gab es so etwas wie universitäre Verbindungen. Berühmt sind besonders die mittelalterlichen "nationes", die man auch als Landsmannschaften bezeichnen könnte.
Im Mittelalter war das Universitätsnetz selbstverständlich noch nicht so gut ausgebaut. Die ersten deutschen Universitäten waren Heidelberg und Prag.
Davor gab es Universitäten oder ihnen ähnliche Hochschulen in Paris und in Norditalien.
Der Student musste also große Wegdistanzen zurücklegen und verfügte natürlich nicht über die Mobilität, die im 19. und 20. Jhd. möglich war.
Die Wege waren weit und sie waren gefährlich. Dies konnte Bewaffnung notwendig machen. Und an der Universität, wo man ankam, musste man sich als Fremder zurechtfinden. Bei diesen Problemen halfen z. B. die "nationes", konnten aber auch einen deutlichen Gruppenzwang ausüben. An italienischen Universitäten - Italien war noch kein geeinter Staat, wohl aber ein geographisch und bedingt auch kulturelles Gebilde - gab es entsprechend deutsche "nationes", also Verbindungen nach dem Landsmannschaftlichen Prinzip.

Unabhängig von diesen Traditionsbünden gab es auch Verbindungen, die der jeweiligen "Mode" der Zeit entsprachen. Im 18. Jhrd., also ungefähr zur Zeit der Aufklärung, gab es an den Universitäten Orden. Bsp.:
Die Kleidung dieser Studenten entsprach auch der Kleidung der Zeit, also z. B. Zweispitz mit Jacke und weißen Culottes ("Kniebundhosen").


Viele dieser Traditionen haben die Wende zum 19. Jhd. nicht überdauert. Damals kam es durch die Französische Revolution, die Feldzüge Napoleons, den Zusammenbruch des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und durch die Entstehung von deutschen Gegenbewegungen auch im korporierten studentischen Milieu zu Umwälzungen.

Das akademische Verbindungswesen des 19. Jhd.s war durch bestimmte Kleidungsmerkmale und Gegenstände geprägt. Berühmt ist das Band der farbentragenden Verbindungen. Es ist wahrscheinlich aus mittelalterlichen Bändern hervorgegangen, an denen ein Kreuz hing.
Dazu tragen viele Verbindungen eine Studentenmütze, die in vielen Ausprägungen, bspw. als Tellermütze oder als Stürmer (vgl. die Mütze der Südstaatenarmee der CSA).
Ferner können weitere Gegenstände vorkommen, z. B. Bierzipfel und diverse Abzeichen.
Die Kleidung von Korporierten ist - zumindest bei öffentlichen Auftritten - recht formell gehalten.
In der Außendarstellung von Korporationen trifft man auch häufig auf Schattenrisse von Korporierten. Das kommt daher, dass im 19. die Fotographie erst entwickelt und stetig verbessert wurde und man am Anfang noch auf etwas farblich modifizierte Schattenrisse zurückgriff. Auch nach der Erfindung und weitgehenden Verfügbarkeit der Fotographie wurde in manchen Verbindungen die alte Tradition weitergepflegt.


VERBINDUNGSARTEN


CORPS:

Die Kösener Raute, das Symbol des Kösener Senioren-Convents-Verbandes.
Kösener Senioren-Konvents-Verband

- Corps gelten als altehrwürdige Studentenverbindungen mit langer Tradition.
- Ihre geistige Ausrichtung war monarchistisch und elitär, in einigen Fällen ist sie dies auch noch.
- Corps sind um die Jahrtausenswende mehrheitlich im KSCV (Kösener Senioren-Konvents-Verband) oder im WSC (Weinheimer Senioren-Verband) organisiert.
- Einige Corps gehören nicht zu den Dachverbänden, u. a. "einfach so" oder weil sie aus den Verbänden ausgeschlossen wurden.


BURSCHENSCHAFTEN:

Wappen der Deutschen Burschenschaft.jpg
Deutsche Burschenschaft

- Burschenschaften sind im 19. Jhd. entstanden
- Von den Ritualen richteten sich die Burschenschaften zunehmend nach denen der Corps aus.
- Die Burschenschaften entstanden im Zusammenhang mit der deutschen Einigungsbewegung in Folge der Französischen Revolution und der Napoleonischen Kriege.
  Sie sind somit klar national ausgerichtet und ursprünglich gegen Franzosen und auch gegen Slawen ausgerichtet (also gegen West und Ost).
  Aufgrund des polnischen Unabhängigkeitskampfes gegen den russischen Zarismus gab es aber eine Zeit lang eine sog. "Polenschwärmerei", die aber nachlies,
  als man (ein)sah, dass sich das polnischee Unabhängigkeitsstreben auch gegen den preußischen Staat richten würde (siehe Posen).
  Einige Kleidungsgegenstände, die in die burschenschaftliche Tradition eingegangen sind, sind polnischen Mustern nachempfunden.
- im späten 19. Jhd. existierte nach der Reichsgründung eine große Euphorie in Corps und Burschenschaften; allerdings gelang die großdeutsche Lösung unter Einschluss Österreichs nicht
- im Jahre 1881 kam es zur Gründung des Allgemeinen Deputierten-Convents, der 1902 in
  Deutsche Burschenschaft umbenannt wurde
- einige Burschenschaften drifteten in ultranationalistische und antisemitische Positionen ab
- in der Zeit zwischen den Weltkriegen betätigten sich viele Burschenschaften weiter patriotisch, gerieten aber in den 30er-Jahren auch in Streit mit der monolithisch ausgreifenden NS-Bürokratie
- einige Verbindungen konnten nach der offiziellen Auflösung noch als Kameradschaften weiterleben
- nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich die DB neu aufstellen, es gab Streitigkeiten über viele
  Punkte, beispielsweise das pflichtschlagende Prinzip; nach langem Gerangel entschied man sich für
  das fakultativ schlagende Prinzip
- es sind aber längst nicht alle Burschenschaften in der DB organisiert:
  einige B! haben sich dem in den 1990er-Jahren gegründeten liberaleren Dachverband Neue Deutsche Burschenschaft (NDB) angeschlossen, einige gehören wieder anderen Dachverbänden an und einige B! sind ganz ohne Dachverband


LANDSMANNSCHAFTEN:

- Landsmannschaften entstanden ursprünglich in Opposition zu den im 19. Jhd. etablierten Korporationen.
  Mit der Zeit passten sie ihre Riten aber zunehmend den Etablierten an.
- Im 19. Jhd. war ein höherer Anteil der (noch männlichen) Studentenschaft in Korporationen organisiert als im späten 20. Jhd.
  Trotzdem gab es auch damals freie Studenten ("Finken") und Studenten, die einer Korporation beitreten wollte, aber keiner der Etablierten.
  Erst im 20. Jhd. nach dem Ersten Weltkrieg gab es klarer verfasste offizielle studentische Institutionen, die allen zugänglich waren.


KATHOLISCHE VERBINDUNGEN UND VEREINE:

- katholische Verbindungen entstanden ab dem späten 19. Jhd. weil die Politik Bismarcks
  eine Repressionen gegenüber Katholiken in Preußen und im Reich vorsah
- Dachverbände sind CV, RKDB, KV und viele andere
- katholische Verbindungen sind in der Regel nicht-schlagend


CHRISTLICHE VERBINDUNGEN:

- neben den katholischen Verbindungen gibt es noch christliche Verbindungen, die nicht an eine
  Konfession gebunden sind
- hierzu gehört der Schwarzburgbund und der Wingolf
- der Schwarzburgbund (SB) ist ein Dachverband christlicher Verbindungen verschiedener Struktur;
  darunter sind konservative und weniger konservative Verbindungen, reine Männerbünde als auch
  gemischte Verbindungen
- der Wingolf ist etwas anders strukturiert, nämlich stärker als Einheit,
  es ist nicht so, dass verschiedene Verbindungen einen Dachverband haben, sondern es gibt
  Verbindungen "eines" Wingolf (Begriff der nordischen Mythologie)


VEREINE DEUTSCHER STUDENTEN

- auch "Kyffhäuserbund" genannt


TURNVERBINDUNGEN:

a) Turnerschaft:

- Turnerschaften sind meist schlagende Verbindungen, die dem Sportprinzip folgen.
- Viele Turnerschaften sind im Coburger Convent (CC) mit vielen Landsmannschaften organisiert.
- Im Sprachgebrauch des 19. Jhd.s verstand man unter Turnen noch Sport im allgemeinen


b) Allgemeiner Turnerbund (ATB):

- Im Allgemeinen Turnerbund sind im 20. Jhd. nicht-schlagende Verbindungen mit dem Sportprinzip organisiert.
  Es kann durchaus sein, dass einige Verbindungen früher schlagend waren und das im Wappen seinen Ausdruck findet.


MUSIKALISCHE VERBINDUNGEN:

a) Sängerschaft:

- Sängerschaften sind meist schlagende Verbindungen, die sich dem musischen Prinzip verpflichtet haben.
 

b) Sondershäuser Verband (SV)

- Im Sondershäuser Verband sind musische Verbindungen organisiert. Die Verbindungen im SV sind farbenführend, aber nicht farben-tragend, und sie sind nicht-schlagend. (Früher gab es auch schlagende Verbindungen im Verband.)
- Der Dachverband der Sondershäuser stellt es seinen Verbindungen frei, ob sie sich als Männerbund konstituieren oder auch Frauen aufnehmen.
Inzwischen gibt es auch eine reine Frauenverbindung (in Hamburg).


JAGDVERBINDUNGEN


SCHWARZE VERBINDUNGEN:

Die schwarzen Verbindungen sind nicht farbentragend und in manchen Fällen auch nicht farbenführend.

- Dachverbände:


In Deutschland gab es verschiedene Dachverbände für schwarze Verbindungen. Darunter den Miltenberger Ring (MR; 1919 aus dem VssV hervorgegangen) und den Wernigeroder Schwarzen Verband (WSV; davor Wernigeroder Schwarzer Ring; davor WV und SR).
1973 wurden die Verbände zum Miltenberg-Wernigeroder Ring (MWR) zusammengefasst. Es war nicht klar, ob die unterschiedlichen Hintergründe unter einem Dach Bestand haben könnten. In den 1980er-Jahren trat die Akademische Verbindung (AV) Igel zu Tübingen aus. Grund für den Austritt waren aber weniger politische Differenzen, sondern eher das Unabhängigkeitsbestrebens einer starken Verbindung, die sich gut selbst erhalten konnte.

A. V. Igel zu Tübingen

Leider konnten die unterschiedlichen Ansichten innerhalb des Verbandes auf Dauer nicht beigelegt werden. Es ging da v. a. um Streitigkeiten bezüglich des Fechtens und in puncto Aufnahme von Frauen. Einige Verbindungen mit nicht-Miltenberger Hintergrund, insbesondere aus Karlsruhe, regten sich besonders über die als konservativ geltende Verbindung Karlsruhensia zu Heidelberg auf und wollten diese ausschließen lassen. Das wiederum brachte die alten Miltenberger gegen den neuen Kurs auf.
1993 beschloss man, den Miltenberg-Wernigeroder Ring zu verlassen und den alten Miltenberger Ring wieder zu gründen. Bis 1995 war dies vollzogen.
Die Heidelberger Verbindung Rupertia trat aber ganz aus und blieb ohne Dachverband. In ihr war der letzte Reichskanzler des untergehenden Kaiserreiches, Prinz Max von Baden, organisiert.
Der Miltenberg-Wernigeroder Ring existiert weiter, hat aber nicht mehr viele Mitgliedsbünde.


DAMENVERBINDUNGEN



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