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Samstag, 26. Juli 2014

LIN BIAO (LIN PIAO)


Lin Biao, 1955

* 05.12.1907 in Hubei
+ 13.09.1971 in Öndörchaan (Mongolei)

Lin Biao war ein chinesischer Politiker und Militär, der zunächst an der Seite Mao Zedongs stand.

JUGEND

Lin Biao (林彪) wurde am 5. 12. 1907 als Lin Yurong als Sohn eines kleinen Grundbesitzers in Hubei geboren. Er besuchte zuerst eine Elementarschule und ging dann 1916 für rund ein Jahr auf eine Privatschule. Später schlug er gegen den Willen seines Vaters eine militärische Laufbahn ein.


FAMILIE

Lin Biao heiratete 1942 Ye Qun. Beide hatten zwei Kinder. Der Sohn hieß Lin "Tiger" Liguo und die Tochter hiess Lin "Doudou" Liheng (nach Lin Biaos Lieblingsspeise). 


KARRIERE

Lin Biao wurde früh durch die Umbrüche seiner Zeit beeinflusst und interessierte sich für Sozialismus und Kommunismus. 1923 trat er der sozialistischen Jugendliga bei.
Mit 18 trat er in die Whampoa-Militärakademie ein und blieb dort bis 1926. In Whampoa wurde dort von Zhou Enlai und Wassili Blücher, einem sowjetischen General gefördert. Anfangs arbeiteten die nationalistische Guomindang und die Kommunistische Partei noch partiell zusammen. 1927 trat er der KP bei und unterstützte in der Folgezeit Mao Zedong.
Lin Biao kämpfte nach dem Bruch mit der Guomindang als Befehlshaber des 1. Armeekorps gegen die Guomindang-Truppen unter Chiang Kai-shek. Auf dem Langen Marsch (1934-1935), durch den die Kommunisten nur knapp ihrer Vernichtung entkommen konnten, befehligte er die Vorhut der Roten Armee. 1938 wurde Lin Biao schwer verletzt und hielt sich daher bis 1942 in der Sowjetunion auf. Nach seiner Rückkehr nach China wurde er 1945 Mitglied des Zentralkomitees der KPCh und 1946 Oberkommandierender der Roten Armee.
Die Kommunistische Partei warf zwar ihren Gegnern von der Guomindang vor, nicht intensiv genug gegen die japanischen Besatzungstruppen vorgegangen zu sein, nutzte aber selbst den Einmarsch der Japaner, um sich im Rücken der geschwächten GMD von ihren früheren Niederlagen zu erholen.
Lin Biao spielte eine führende Rolle beim Sieg der Kommunistischen Partei nach dem Abzug der japanischen Besatzungstruppen. Den Kommunisten gelang es zunächst, mit Hilfe der Sowjetunion in das von den Japanern hinterlassene Machtvakuum vorzustoßen und dabei große Waffenarsenale von Japanern und US-Amerikanern zu erbeuten. Die US-Waffen waren eigentlich für die Nationalchinesen der Guomindang gedacht.

Die GMD-Oberbefehlshaber ihrerseits machten den Fehler, zu lange in den befestigten Städten auszuharren. Sie verloren letztendlich den Wettlauf um die Mandschurei.
Von der Mandschurei aus konnten der Kommunisten dann Peking angreifen und schließlich auch in andere Gebiete Chinas vordringen.
Die Nationalisten flohen nach Taiwen (Formosa) oder wurden nach Südostasien abgedrängt. 1949 wurde von Mao die Volksrepublik China ausgebaut.
Lin Biao setzte im neuen Staat seine Karriere fort und wurde 1954 stellvertretender Ministerpräsident, 1955 Marschall und Mitglied des Politbüros und 1959 Verteidigungsminister anstelle von Peng Dehuai, der ebenfalls in der Bürgerkriegszeit erfolgreich war. Innenpolitisch unterstützte er lange Zeit Mao Zedong und setzte mit der Zeit einen Personenkult durch, wie ihn schon die Sowjets vorexerziert hatten.
1960 mussten die Soldaten auf sein Geheiß Mao-Zitate auswendig lernen, woraus sich schließlich die berühmte Zitatensammlung entwickelte, die als "Mao-Bibel" bekannt ist.
1966 begann Maos Kulturrevolution, die auch noch von Lin Biao unterstützt wurde. Offiziell wollte Mao damit die Jugend zur Revolte aufrufen und verkrustete Parteistrukturen aufbrechen. Daneben ging es Mao aber auch darum, innere Widersacher auszuschalten.

1969 wurde Lin Piao sogar zum Stellvertreter des Parteivorsitzenden Mao Zedong ernannt und galt damit als designierter Nachfolger des "Großen Vorsitzenden". Dort löste er den in Ungnade gefallenen und übel gefolterten Liu Shaoqi ab. Lin Biao kam als als Mann der Armee die Aufgabe zu, die Armee trotz erheblicher Skepsis gegen die ausufernde Kulturrevolution auf Linie zu halten.
Doch gegen Ende der 60er-Jahre kamen auch Gerüchte von Unstimmigkeiten zwischen beiden Führungsfiguren auf. Das wurde besonders bei Aufmärschen sichtbar, in denen Lin  auf der Tribüne Mao wichtige Ehrenbezeugungen verweigerte.
Besonders gravierend war der Eklat bei den Feiern zum 1. Mai auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen), als Lin Biao sich entgegen der Bestimmungen des Protokolles nur eine Minute erschien und weder mit Mao noch mit seinen Gästen wie Prinz Sihanouk sprach.
Beobachter fragten sich, ob es nun zu einem ausufernden Machtkampf käme und wer diesen gewinnen würde. Gleichzeitig stellten sich Fragen nach dem Gesundheitszustandes Lins, aber auch der von Mao war nicht mehr  so gut wie früher.


(VOR)GESCHICHTE DES STREITES MIT MAO 

Wie genau der Streit zwischen Lin Biao und Mao Zedong entstanden war, ist bis heute unklar.
Jung Chang entwickelte in ihrer berühmten Mao-Biographie 2005 folgendes Szenario: 

Mao Zedong stattete Lin Biao lange Zeit mit immer mehr Macht aus, um seine eigene Position in der Partei und bes. in der Armee zu stärken. Mao wollte mit der Kulturrevolution generell im Land in seinem Sinne aufräumen. Trotz des Personenkultes um ihn war seine Person war seine Machtposition nämlich keineswegs unangefochten. Dazu trugen auch schwere wirtschaftspolitische Fehler in Massenkampagnen wie dem "Grossen Sprung nach vorne" bei. Mao wurde von erfahrenen Parteikommunisten wie Peng Dehuai und Liu Shaoqi stark kritisiert und musste sogar den von ihm favorisierten Generalstabschef Luo Ruiqing entlassen.
Mit der Zeit wurde Mao aber diese von ihm selbst herbeigeführte Machtfülle Lins zu gefährlich. Lin hatte einen grossen Rückhalt in der Armee, obwohl diese den Auswüchsen der Kulturrevolution nicht gerade wohlwollend gegenüberstand und es war ihm gelungen, während der Kulturrevolution die Anhänger Peng Dehuais aus der Armee zu entfernen ("säubern") und wichtige Schaltstellen der Macht mit seinen Vertrauten zu besetzen. Er war sogar zu einem kleinen Personenkult gekommen.
Im August 1970 kam es auf der 2. Plenarsitzung des ZKs in Lushan (zur Vorbereitung des 4. Nationalen Volkskongresses) zum Streit um die Wiedereinführung des Präsidentenamtes, die Lin gefordert hatte. Er selber spekulierte wahrscheinlich auf das Vizepräsidentenamt.
Dieses Amt war durch den Fall Liu Shaoqis in Frage gestellt worden.
Besonders schlimm war, dass Lin diesen Antrag ohne Rücksprache mit Mao stellte und der Ständige Ausschuss des Politbüros bis auf Mao zustimmte. Besonders Chen Boda unterstützte Lin Biao, landete aber bald darauf im Gefängnis (später spielte er im Zusammenhang mit der Viererbande noch eine große Rolle).
Lin hielt zwar eine ausgefallene Lobrede auf Mao, die aber auf viele unecht wirkte.
Mao legte ein Veto gegen die Wiedereinführung des Präsidentenamtes ein und forderte Lin zu einer "Selbstbezichtigung" auf. Doch Lin lehnte ab, was einem Affront gleichkam.
Ab dem Juli 1971 wollte Mao Lin Biao und seine Generäle Huang Yongsheng, Wu Faxian, Li Zuopeng und Qiu Huizuo loswerden. Dazu unternahm er vom 15. 08. bis zum 12. 09. eine Reise in den Süden Chinas, um die Funktionäre entsprechend vorzubereiten. Mao reiste generell mit dem Zug, auch auf der langen Reise zu Stalin nach Moskau. Der Grund dafür mag neben einer allgemeinen Flugangst die berechtigte Angst vor Anschlägen auf sein Flugzeug gewesen sein. Schließlich hat Mao selbst einmal eine Deligation von Uighuren nach dem Zweiten Weltkrieg zur Unterredung eingeladen, deren Flugzeug dann "glücklicherweise" abgeschossen wurde.
Auf jeden Fall wusste die Gegenseite um Lin Biao nun, was ihr blühte und es stand ihr frei, ihrerseits Massnahmen zu ergreifen. Bei mindestens einer Zugfahrt Maos soll ein Bombenanschlug auf seinen Zug vorbereitet worden sein, das nur knapp an Planungsfehlern und mangelnder Entschlossenheit scheiterte.


FLUCHT UND TOD

Eine überraschende Wende nahm für die der schwelende Konflikt am 13. 09. 1971 (oder um diese Zeit), als Lin nach offizieller Darstellung bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.
Angeblich wollte er einen Staatsstreich unternehmen und war dabei gescheitert, so dass ihm nur noch die Flucht in die Sowjetunion blieb, bei dem das Flugzeug aus Treibstoffmangel abgestürzt sein soll. Eventuell wollte es im Niedrigflug dem Radar entkommen. Dabei sollen alle Insassen des Flugzeugs gestorben sein, darunter auch Lin Biaos Frau Ye Qun und sein Sohn Lin Liguo. Lin Liguo soll auch aktiv in die Staatsstreichplanungen verwickelt gewesen sein. Dazu habe er als Luftwaffenoffizier das berühmte "Projekt 571" ausgearbeitet.
Diese offizielle Darstellung erregte schon früh Zweifel. Das chinesische Volk wurde sowieso viel später informiert.
Man fragte sich, ob das Flugzeug wirklich durch Treibstoffmangel abgestürzt sei und nicht abgeschossen oder zur Landung gezwungen wurde (dann wären die Besatzungsmitglieder wohl exekutiert worden). Man fragte sich auch, welche Rolle in dem angeblichen Staatsstreich Lin Biao sowie seinem Sohn Lin Liguo und anderen Verwandten und Freunden genau zugekommen war. Besonders interessant war auch die Frage, ob die Täter nur zufällig in die Sowjetunion fliehen wollten oder ob nicht vielmehr die Sowjetunion hinter dem angeblichen Staatsstreichversuch gestanden habe. In der damaligen Zeit haben die USA versucht, vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges die kommunistischen Großmächte Sowjetunion und China auseinanderzudividieren.
Des weiteren stellte sich die Frage nach dem gesamten Ausmaß der Verschwörung und der Kollaboration chinesischer Stellen.
Interessant ist auch, dass Lin Biao überhaupt die Flucht ergriffen haben soll, anstatt zu kämpfen und warum seine Tochter Lin Liheng nicht mit an Bord war.
Angeblich wurde erst 2 Monate nach dem Tod Lin Biaos ein Dokument über das Projekt 571 gefunden, das aber Lin Biao nicht eindeutig belastete.

Über die genauen Vorgänge in der Nacht vom 12. auf den 13. September 1971 existieren verschiedene Theorien.
Es gibt die verbreitete Ansicht, dass
Lins Sohn Lin "Tiger" Liguo, der sein Leben zunächst als Schüler langsam angehen liess, dann aber vom Ehrgeiz gepackt wurde und bei der Luftwaffe aufstieg, eine Zeit lang mit Missfallen zusah, wie sich der Streit zwischen Mao und seinem Vater entspann und dann bei der weiteren Eskalation mit Freunden ein Attentat auf den Vorsitzenden Mao plante. Das kam jedoch nicht zustande bzw. wurde nicht vollständig umgesetzt, weil die Unterstützung aus der Armee nicht ausreichend war und Lin Liguo Selbstmordattentate ablehnte. Möglicherweise stand eine Sprengung von Maos Privatzug kurz vor der Umsetzung.
Als die Akteure dann sahen, wie ihnen ihr Plan zu entgleiten drohte, beschlossen sie, zu fliehen. Lin Biao wollte mit seiner Frau und seinem Sohn ein Flugzeug in die Sowjetunion besteigen. Die Tochter, die nicht in die Pläne eingeweiht war, verriet jedoch ungewollt den Fluchtplan an die Einheit 8341, so dass die Familie zu noch mehr Eile angetrieben wurde.
Die Flüchtigen mussten in ein nicht vollgetanktes Flugzeug einsteigen, das durch den Tiefflug dann noch mehr Treibstoff verbrauchte und schliesslich bei Öndörchaan in der Mongolei abstürzte. 

Eine andere Theorie wird von einem Autor mit dem Pseudonym Yao Ming-le vertreten.
Diese ist besonders spektakulär, aber in einigen Punkten auch einleuchtend.

Danach soll Lin Biao das Flugzeug gar nicht erst erreicht haben, sondern von Mao Zedong und Zhou En-lai in eine Falle gelockt worden sein. Beide hätten von den Verschwörungsplänen Wind bekommen und luden Lin darauf zu einer Besprechung ein. Dieser wusste nicht, ob er sich in die Gefahr begeben solle. Es konnte sein, dass die Gegenseite von seinen Plänen Kenntnis erhalten habe und ihn ausschalten wollte, es konnte aber auch sein, dass Mao und Zhou noch nichts wussten und dann würde umgekehrt ein Nicht-Erscheinen bei einer Besprechung auffallen. Lin Biao hatte aber ein ungutes Gefühl, weil er für die Besprechung an einen Ort zitiert wurde, der in seinem Putschplan eine bedeutende Rolle innehaben sollte. Am Ende überzeugte ihn ein Anruf von Maos Frau Jiang Qing, zum Treffen zu erscheinen.
Beim Eintreffen Lins wirkten Mao und Zhou zunächst guter Dinge, was ihn beruhigte und normal an der Besprechung teilnehmen liess. Als die Besprechung allerdings vorbei war, wurde der Konvoi von Lin Biao jedoch von schweren Raketenwerfern unter Beschuss genommen und vernichtet.
Die anderen Verschwörer, die davon erfuhren, gerieten nun unter Zeitdruck und flohen in Richtung eines Flugplatzes. Dort versuchte man, eine Maschine am Boden unter Kontrolle zu bekommen, während gleichzeitig die maotreuen Verfolger schon dicht auf den Fersen waren. Die Flucht per Flugzeug gelang zunächst, führte die Fliehenden aber nicht zum Ziel.
Die Maschine wurde nach dieser Theorie schon kurz nach der Überquerung der Grenze zur Mongolei abgeschossen. Sie stürzte also weder aus Treibstoffmangel ab, noch wurde sie zur Landung gezwungen. Auf jeden Fall kamen die Insassen ums Leben. 

Diese weder bestätigte noch wiederlegte Theorie würde vielleicht dazu passen, dass sowjetische Suchmannschaften ausgesagt haben, an Bord des abgestürzten Flugzeuges keine Person über 50 Jahren gesehen zu haben.


FAZIT

Die genaue Rekonstruktion der Ereignisse war bis heute nicht möglich, weil die Darstellung sehr stark von Interessen der staatlichen Propaganda verzerrt wurde. Wahrscheinlich wurden auch mehrere Zeugen zu einer Falschaussage gezwungen.
Das Volk erfuhr sogar erst mit einjähriger Verspätung vom Tod Lin Biaos und bekam ihn als Verräter vorgestellt. Die noch verfügbaren Auflagen der berühmten Mao-Bibel wurden eingezogen, weil das Buch auf Initiative Lin Biaos zustandegekommen war und sein Vorwort erhielt. 1973 wurde er noch nachträglich aus der Partei ausgeschlossen und 1974 in der Kampagne "Kritisiert Konfuzius und Lin Biao" angegriffen.

Die Vorgänge um den angeblichen Putschversuch Lin Biaos gelten bis heute als eines der größten Mysterien der Kulturrevolution. Man wundert sich darüber, dass Mao so (augenscheinlich) plötzlich von seinem designierten Nachfolger abrückte, man fragt sich nach dem wirklichen Ausmaß der Verschwörung und nach der Verwicklung von sowjetischen Stellen und es ist bis heute ungeklärt, ob die Putschpläne im Kern auf seinen Sohn Lin Liguo - wohl im Einvernehmen mit Lin Biaos Frau - zurückgingen oder von ihm selber initiiert wurden. Dass Lin Biao allerdings ganz unwissend gewesen ist, gilt als unwahrscheinlich.
Bis heute sind weder Lin Biaos genaue Todesumstände klar, sollte er nun mit im Flugzeug gewesen sein oder nicht, noch die der anderen Flugzeuginsassen und sonstigen Mitverschwörer. 



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